lundi 24 septembre 2018

Warten auf ... Aktionen

(tageblatt 20. September 2018)


Das Integrationsgesetz von 2008 sieht einen Nationalen Aktionsplan (PAN) Integration vor. Ein erster Fünfjahresplan lief 2013 aus. Das Integrationsministerium startete die Vorbereitungsarbeiten für einen 2. Plan im Herbst 2017, der Ministerrat nahm ihn am vergangenen 13. Juli an. Soviel zum Engagement der “neuen” Regierung, deren Programm hinsichtlich Integration sich durch äußerste Bescheidenheit auszeichnete. Jetzt haben wir den neuen PAN in allerletzter Minute, sozusagen als Ei in das Nest der nächsten Regierung gelegt, wobei er gewiss nützlich gewesen wäre in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015. Das Regierungsprogramm sah übrigens vor ein Verteilungssystem der Asylbewerber auf die Gemeinden auszuloten. Auch hierzu schweigt der PAN. Bemerkenswert ist auch die Diskretion, mit welcher der Plan über die Bühne ging: keine offizielle Vorstellung, keine Zeile in der Presse und auch keine Reaktion vonseiten der Zivilgesellschaft: als Auftakt des Sommerloches ein ideales Datum! Seit letztem Herbst hat das interministerielle Komitee viele Konsultationen geführt, von einem partizipativen Vorgehen kann aber keine Rede sein und das definitive Dokument weicht kaum ab von der Vorlage zur Konsultationsdebatte vom 15. März 2018 im Parlament.

Da gibt’s doch aber Inhalte!

Auf 20 Seiten wird der PAN dargelegt. Wer von Plan redet, erwartet eine Bestandsaufnahme der jetzigen Situation sowie Ziele, Prioritäten und nicht zuletzt Mittel. Was eine Situationsanalyse betrifft: Fehlanzeige! Kein Wort über laufende Programme der Regierung wie PIA, national und EU geförderte Projekte sind keines Wortes wert, die vielen Initiativen im Rahmen vom “Mateneen”- Programm der Nationallotterie bleiben unerwähnt, wobei die Schlussfolgerungen hätten nützlich sein können für zukünftiges Vorgehen.
16 Objektive werden vorgegeben. Integration wird angedacht für ungefähr pro Jahr 2 000 Asylbewerber bis jährlich rund 20 000 Einwanderer, es ist Rede vom Zugang zum Arbeitsmarkt bis Sprachenlernen über Wohnungen: ein allumfassender Katalog. Greifen wir einige heraus. Das erste Objektiv betrifft besonders schutzbedürftige Flüchtlinge welche zum Beispiel unter einem Trauma leiden. Hier das Regierungsprogramm 2013 diesbezüglich: « Un nouveau mécanisme d'identification obligatoire est prévu afin d'assurer que les besoins spécifiques des demandeurs d'asile tombant dans la catégorie des personnes vulnérables soient reconnus (..) et que ces personnes puissent bénéficier d’un soutien adéquat pendant toute la procédure». 5 Jahre später der PAN : «(..) développer et organiser le dépistage de personnes vulnérables et/ou traumatisées ; évaluer les procédures et actions existantes de repérage et d’encadrement des personnes vulnérables; Promouvoir la prise en compte des besoins spécifiques des personnes vulnérables et de chaque genre». No comment! Dabei sind sich die Experten einig, dass die Dauer der Prozedur die bestehenden Traumata noch vergrößert. Leider erfahren wir nichts über den Willen der Autoren die vorgeschriebenen 6 Monate effektiv einzuhalten bis zu einer Entscheidung ob Asyl oder nicht.
Zu Schule und Spracherwerb finden wir nicht weniger als 20 Punkte, Maßnahmen genannt. Nummer 7 möchte junge Nicht– Luxemburger ermutigen höhere Studien anzugehen. Gute Idee, nur wartet man vergebens, wie das geschehen soll. Bei 12 will man die Muttersprache aufwerten. Wessen Muttersprache und wie? Punkt 19 will die Bibliotheken fördern und geht damit sogar weiter als der Kulturentwicklungsplan, welcher hier keinen Handlungsbedarf feststellt. Aber keine Angabe wie das bewerkstelligt werden soll.
Laut PAN soll das Congé linguistique zum Erlernen des Luxemburgischen gefördert werden. Ein Beispiel mehr wie nützlich hier eine Bestandsaufnahme wäre, um festzustellen in welchem Ausmaß und von wem die Maßnahme genützt wird, ob sie gegebenenfalls ausgebaut werden sollte. Zur Einschulung von Flüchtlingskindern hätte man sich vorstellen können, dass das Prinzip der Nachbarschaftschule festgehalten würde. Hier scheinen sich die Verantwortlichen ein Hintertürchen offen zu halten um Klassensäle in den Foyers einrichten zu können. Sieht nicht nach Integration aus, oder ? Glücklicherweise bewirkt der gesunde Menschenverstand  wie in beim Bürgermeister in Diekirch daß diese Kinder mit allen Schülern zusammen lernen.
Simple Vorschläge wurden nicht zurückbehalten wie etwa die bestehenden Kursleiter zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzubringen oder ein Internetportal zu schaffen welches alle Sprachkurse aufführt.
Zu Recht wird Gewicht darauf gelegt die Asylbewerber und später anerkannten Flüchtlinge zu einem autonomen Leben in der Gesellschaft zu befähigen. Diesbezüglich soll der PIA (Parcours d’Intégration Accompagné) umgesetzt und ausgebaut werden, sowie kulturelle Aktivitäten gefördert werden. Ganz okay, nur fehlt jegliche Erfahrungsbilanz des jetzigen PIAs sowie Maßnahmen wie er ausgebaut werden soll. Leider bleibt der PAN auch stumm zu eigenem Kochen in den Foyers und Kreditkarten, welche den Asylbewerbern ermöglichen würden selbst einzukaufen und so u. a. soziale Kontakte zu knüpfen.
Promouvoir, favoriser, développer sind Verben die immer wieder im PAN auftauchen. Keines davon wird gebraucht zu einem im Gesetz vorgesehenen Mittel, nämlich eine beratende Kommission der Bewohner um an dem Leben im Foyer teilzunehmen. Scheinbar gibt es noch kein einziges entsprechendes Gremium.
Womit wir bei der Mitbestimmung im Allgemeinen angekommen wären. Das desaströse Referendum von 2015 hat die Legitimationskluft nicht beseitigt und scheint in diesem Gebiet sämtliche Initiativen zu lähmen. Dem PAN nach sollen lokale (CCCI) und nationale (CNE) beratende Gremien Abhilfe schaffen. Die Antworten auf die Abgeordnetenfragen 2805, 1834 und 3312 belegen das bescheidene Abschneiden dieser Organe in den letzten Jahren. Ohne deren Kompetenzen und Funktionieren zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verbessern will der PAN sie “unterstützen”und ihre Beteiligung an der Ausarbeitung der Integrationspolitiken stärken. Pures Wunschdenken!
Und dennoch ist Rede von der wirklichen Beteiligung an den Gemeindewahlen. Wer sich erwartet hatte hier Neues zu finden wird enttäuscht: die Ausnahmen welche Luxemburg im Maastricht Vertrag “erstritten”hatte, dauern weiter an. Keine Rede die Aufenthaltsdauer herabzusetzen wie das Parlament es fast einstimmig am 27. Januar 2011 befürwortet hatte, geschweige denn sie ganz abzuschaffen wie in Belgien. Das Status quo wird wohl kaum von den im Plan vorgesehenen  Einschreibungskampagnen berührt werden und automatisches Einschreiben wie für die Luxemburger scheint ein anderes Tabu zu sein!
Positiv zu vermerken ist das Beleben des im Gesetz vorgesehenen interministeriellen Komitees, dem nicht weniger als 12 Ministerien angehören. Hier wurde der PAN geboren. Dieses Organ – erweitert um die Zivilgesellschaft wie in der Entwicklungspolitik - eignet sich vorzüglich als Schalt – und Steuerungsstelle einer Integrationspolitik. Transparenz wie im erwähnten anderen Bereich würde auch eine grösstmögliche Akzeptanz in der Bevölkerung sichern.

Welche Aktionen?

Ein Aktionsplan soll an und für sich Aktionen enthalten. Der vorliegende PAN enthält diesbezüglich eine Menge Potenzial, leider nicht ausgedeutscht!
Prioritäten sollen zur anstehenden Ausschreibung für Projekte bereitstehen. Auch liest man von Auswahlkriterien für die Projekte, findet sie aber ebenso wenig wie die Prioritäten. Sollte Transparenz hier vorgesehen sein, bleibt so manche Hausaufgabe zu erledigen. Welches auch immer die Aktionen sein werden die den Weg vom Deklamatorischen herab aufs Terrain des Zusammenlebens finden, die menschlichen und finanziellen Mittel hierzu müssen zur Verfügung gestellt werden.
Bleibt ein großer Abwesender: dem Gesetz nach betrifft Integration Eingesessene aller Nationalitäten sowie Asylbewerber und Einwanderer, man darf sich sogar fragen, ob nicht auch Grenzgänger in einem gewissen Maß dazu gehören. Der vorliegende PAN scheint nur die Newcomers zu kennen. Dazu der erste Punkt der Wahlprüfsteine des Ronnen Desch: « La politique d’accueil et d’intégration doit commencer par une pédagogie auprès des résidents (et des frontaliers). »
Will man nicht heute fremdenfeindlichem Gedankengut und morgen offenem Rassismus das Feld überlassen sowie Sozialneid gedeihen lassen, ist für alle  Bürger Luxemburgs auf den Feldern der Wohnungsnot, des Mindestlohns oder etwa der Hilfe für Jugendliche unter 25 Jahren welche vom REVIS ausgeschlossen sind dringender Handlungsbedarf : damit es allen Menschen besser geht !

serge kollwelter


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